Was sind Genesungsbegleiter*innen?
Zur besseren Lesbarkeit verwenden wir den Begriff Genesungsbegleiter*innen. Selbstverständlich sind auch die Angehörigenbegleiter, Angehörigenbegleiterinnen oder auch Peerberater*innen in männlicher wie auch weiblicher Ausprägung gemeint.
Der Begriff Genesungsbegleiter*in wird manchmal auch durch die Begriffe Peer-Berater*in, Peer oder EX-IN’ler*in ersetzt. Das Wort „Peer“ kommt aus dem englischen und beschreibt einen Menschen, der mit einem andern Menschen auf Augenhöhe spricht, weil er mit ihm auf einer Beziehungsebene steht. Im psychiatrischen Kontext beschreibt es einen Psychiatrieerfahrenen, der auf Grund der Erfahrungen mit seiner Erkrankung und dem psychiatrischen Hilfe-System einem anderen Menschen in seinem Erleben der Erkrankung auf gleicher Ebene begegnen kann und ihm auch signalisieren kann: Es gibt ein Licht am Ende des Tunnels.
Ex-IN’ler sind unserer Meinung nach Menschen, die gerade den EX-IN-Kurs zum Genesungsbegleiter absolvieren.
Derzeit existiert kein anerkannter Beruf mit der Bezeichnung Genesungsbegleiter. Daher finden sich verschiedene Entwürfe für ein Berufsbild. Auf dieser und den folgenden Seiten wollen wir unsere Sicht darlegen, was ein Genesungsbegleiter ist.
Dieser Artikel behandelt die folgenden Themen:
- Vom ich zum Wir
- Mögliche Tätigkeiten
- Bezahlung
- Forschung über Genesungsbegleiter
- Evaluation
- Gesundheitspolitisch
- Literatur
Genesungsbegleiter*Innen sind Menschen, die Erfahrungen mit seelischen Erschütterungen und/oder dem psychiatrischen Hilfesystem gemacht haben.
Vom ich zum Wir
Grundlage ist das eigene Erfahrungswissen über die Erkrankung und den Genesungsweg. Dieses Wissen zu reflektieren, vorhandene Ressourcen zu wecken und wieder selbstbestimmend am Leben teilzunehmen sind oberste Prämisse und Aufgabe zugleich. Hinzu kommt, sich in den EX-IN-Kursen über das jeweils eigene Erfahrungswissen auszutauschen.
So entsteht aus dem Ich-Wissen ein Wir-Wissen.
Genesungsbegleiter*Innen sind in der Lage das eigene Erfahrungs- und Selbsterfahrungswissen zu reflektieren. Sie haben gelernt vom eigenen Erlebten zu berichten und können Lösungswege anregen und – wenn gewünscht – gemeinsam entwickeln. Sie können bei Bedarf als Fürsprecher, Zuhörer und/oder Begleiter auftreten.
Durch die Reflektion Ihrer eigenen Erlebnisse haben Genesungsbegleiter Stärken im Bereich Verständnis, Mitgefühl, Empathie, Akzeptanz und Menschlichkeit entwickelt. Sie haben die Aufgabe dem Gegenüber für seine Probleme den nötigen Raum und die nötige Zeit zu geben.
Mögliche Tätigkeiten können sein
Berufliche Tätigkeiten:
- Einzelfallbezogene Betreuung: Begleitung zur Nachsorge in die Eingliederungshilfe; Unterstützung und Begleitung bei der ambulanten Therapeutensuche
2.1 Moderation von Begegnungs- und Recovery-Gruppen + Co-Moderator von Gruppen der Psychoedukation; Gemeinsames Erarbeiten eines individuellen Krisenpass (Für Menschen, die sich nicht in Gruppen trauen, auch in der Einzelfallbezogenen Betreuung)
- Mittelbar patientenbezogene Tätigkeiten:
Fortbildung der klinischen Mitarbeiter aus der subjektiven Sicht des Psychiatrie-Erfahrenen (allein, aber auch gemeinsam mit einer Fachkraft als sogenanntes Tandem)
GB als Patientenfürsprecher und im Beschwerdemanagement
Deutschlandweit ist das im psychiatrischen Hilfesystem sehr unterschiedlich. In Hamburg sind eher die kleinen Stellen (Aufwandsentschädigung, 450€, bis zu 50% Stelle), während es Bundesweit öfter bei 75-100% Stellen im klinischen Sektor liegt. Die Bezahlung ist wie der Stunden-Umfang sehr unterschiedlich geregelt. Das geht von Pflegehelfer bis zur finanziellen Gleichstellung mit einem Erzieher. Gerade wenn GB eigenverantwortlich z.B. Gruppen anleiten, sollten sie unserer Meinung nach nicht nach einem Helfertarif vergütet werden, sondern sollten mindestens mit dem Erzieher gleichgestellt werden, da hier ein selbständiges Arbeiten, wie Gruppenvorbereitung, Durchführung und Nachbereitung ja ein grundlegender Unterschied zu den Pflegehelfern darstellt, die nur nach Anweisung Aufträge durchführen.
Forschungen über Genesungsbegleiter*innen
Zur Forschung:
Einige Arbeiten von Studenten (Bachelor und Master) finden Sie hier unter "Studienarbeiten zu Genesungsbegleitung" und bei LebensART (https://www.ex-in-lebensart.de/evaluation/)
Auch auf unserer Internetseite unter http://www.genesungsbegleiter.hamburg/index.php/genesungsbegleiter/studienarbeiten finden sich Master- oder Bachelor-Arbeiten zum Thema Genesungsbegleitung.
Beim UKE werden Genesungsbegleiter auch in der aktiven Forschung eingesetzt.
Zahlreiche Studien aus dem In- und Ausland belegen die positiven Effekte, die Genesungsbegleitung mit sich bringt.
So belegt eine Studie von Lloyd-Evans aus 2014, dass Genesungsbegleitung besonders bei Depressionen und Anstsymptomatiken hilfreich ist und positive Effekte auf Recovery, Hoffnung, Empowerment und Lebensqualität hat. Eine Studie von Fuhr aus 2014 gelegt positive Wirksamkeit auf die Hoffnung und das Gefühl einer besseren Lebensqualität.
Anderen Studien kommen zu dem Schluß, dass Stationäre Behandlungsdauer durch Genesungsbegleitung gesenkt werden kann und sich die Zeitspanne zum nächsten Rückfall verlängert (Chien und Chan bzw Chien und Thompson). Es gibt sogar Belege, dass das die Inanspruchnahme von Hilfen beim Hausarzt und Arzt-/Patientenbeziehung verbessert werden (Kelly et al). Die selbe Studie zeigt auch eine positive Einstellungen gegenüber der Wichtigkeit der eigenen Gesundheit.
Die folgende Tablle zeigt die Studien und die postiven Effekte durch die Genesungsbegleitung im Vergleich zur einer Gruppe ohne den Einsatz von Genesungsbegleitung. Aus allen Studien lassen sich positive Effekte ableiten.
Studie | Positive Effekte durch Genesungsbegleitung |
Loyd-Evans 2014 | erhöhte Effekte auf Recovery |
vermehrte Hoffnung | |
Gefühl verbesserter Lebensqualität | |
Fuhr 2014 | vermehrte Hoffnung |
Gefühl verbesserter Lebensqualität | |
Mahlke | Selbstwirksamskeitserleben |
Kelly et al. | verbesserte Gesundheitsbezogene Einstellung |
bessere Inanspruchnahme Hausärztlicher Versorgung | |
Verbesserung der Arzt- / Patientenbeziehung | |
Chien und Chan | Psychosoziale Funktion verbessert |
verminderte Symptomschwere | |
verkürzte stationäre Behandlungsdauer | |
Chien und Tompson | geringeres Rückfallrisiko |
verkürzte stationäre Behandlungsdauer | |
Morris et al. | Psychosoziale Funktion verbessert |
geringeres Rückfallrisiko | |
kürzere stationäre Behandlungsdauer |
Alles in Allem läßt sich mit den Worten von Doktor Thomas Becker (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsklinik Ulm) sagen:
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Dieser Artikel und das herunterladbare PDF sind (C) Genesungsbegleitung und Peerberatung Hamburg GBPH e.V.
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